Wochenrückblick

Schweiz im Sicherheitsrat / KW 45-2024

Gaza: In zwei geschlossenen Sitzungen hat der Rat sich mit der weiterhin laufenden israelischen Vergeltungsaktion gegen Hamas und der Not der Zivilbevölkerung befasst. Die nichtständigen Mitglieder – darunter die Schweiz – haben dem Rat einen Vorschlag für eine weitere Resolution unterbreitet, über den derzeit verhandelt wird.

Cyber-Sicherheit: Auf Antrag der USA hat der Rat sich mit der rasanten Zunahme von digitalen Erpressungen im Gesundheitswesen beschäftigt. Mit «Erpresserprogrammen» (ransomware) dringen Kriminelle in die Computersysteme von Spitälern und anderen Gesundheitseinrichtungen ein, legen sie lahm und geben sie nach Zahlung eines Lösegelds wieder frei. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO nannte Beispiele und zitierte eine Untersuchung aus dem Jahre 2021, der zufolge ein Drittel der befragten Institutionen von mindestens einem Angriff berichteten. Ein Drittel der Angegriffenen hätten Lösegeld bezahlt, und 31 Prozent von ihnen hätten den Zugang zu den gehackten Daten dennoch verloren. Die USA sagten, 2023 seien weltweit 1,1 Milliarden Dollar Lösegelder bezahlt worden, hundertmal mehr als 2014. In der Debatte wurde die Verantwortlichkeit der Staaten mehrfach herausgestrichen. Die USA warfen Russland vor, kriminelle Hacker auf ihrem Staatsgebiet operieren zu lassen. Die Schweiz erwähnte «jüngste Berichte» über die Zusammenarbeit zwischen einer von Nordkorea «gesponsorten» Gruppe und dem kriminellen «Play»-Netzwerk. Sie sagte, die gewohnten Pflichten eines Staats erstreckten sich auch auf den Cyberspace: le principe de diligence raisonnable, qui s’est développé sur une longue période et qui, selon la Suisse fait partie du droit international coutumier, appelle tous les États à ne pas permettre sciemment que leur territoire soit utilisé pour des actions contraires aux droits d’autres États. Russland sagte, das Thema gehöre nicht in den Sicherheitsrat, sondern in bestehende UNO-Konsultationsgremien. Slowenien regte an, Cyberkriminelle mit Sanktionen zu belegen.

Nordkorea: Der Test einer nordkoreanischen Langstreckenrakete hat im Rat den Austausch der bekannten Argumente provoziert. Pjöngjang sagt “Selbstverteidigung”, Südkorea, mit den USA im Hintergrund, sagt “Aggression”. Die Schweiz wies auf “schwere und systematische” Menschenrechtsverletzungen hin und behauptete, es gebe “eine Verbindung zwischen dem Nuklearprogramm und gewissen Verletzungen jener Rechte” in Nordkorea. Sie forderte Einhaltung der UNO-Embargos gegen Nordkorea und verlangte Zugang für humanitäre Hilfe and die Bevölkerung. Sie beteiligte sich an einer gemeinsamen Erklärung, in welcher die USA mit den westeuropäischen und lateinamerikanischen Ratsmitgliedern warnten, sich an die wiederkehrenden nordkoreanischen Waffentests zu gewöhnen. Seit 2022 habe Pjöngjang über 100 Tests durchgeführt.

Südsudan und Abiyei: Die vor dreizehn Jahren erfolgte Abtrennung des südlichen Teils von Sudan mit der Gründung von Südsudan beschäftigt zwei UNO-Missionen. Die eine, UNMISS (UN Mission in South Sudan) soll dem neuen Staat Südsudan helfen, rechtsstaatliche Verhältnisse herzustellen. Die andere, UNISFA (UN Interim Security Force for Abiyei) ist eine Blauhelmtruppe mit dem Auftrag, eine vereinbarte Entmilitarisierung in der Region Abiyei zu überwachen, die von beiden Staaten beansprucht wird und unter einer provisorischen Verwaltung steht. Beide Missionschefs konnten nicht viel Positives berichten. Grosse Flüchtlingsströme aus dem sudanesischen Bürgerkrieg drücken auf die ohnehin knappe Versorgung. Regenfälle und Überschwemmungen haben tausende aus ihren Wohngebieten vertrieben. Verhandlungen über den endgültigen Status von Abiy kommen nicht in Gang. In Südsudan hat die Regierung die “Übergangsperiode” um weitere zwei Jahre verlängert, was eine Verschiebung der vereinbarten Wahlen bedeutet. Zahlreiche Ratsmitglieder, darunter die Schweiz, äusserten sich frustriert darüber. Russland und China zeigten Verständnis und erklärten, die Durchführung von Wahlen sei eine interne Angelegenheit. Die Schweiz zeigte sich besorgt über anhaltende Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere Frauen. Zusammen mit zehn weiteren Ratsmitgliedern trat sie mit einer gemeinsamen Erklärung vor das UN-Mikrophon, um die “Schlüsselrolle” der Frauen in Friedensprozessen zu betonen.

Jemen: Der Sanktionsausschuss, der das Embargo gegen die Huthi-Rebellen überprüft, hat Bericht erstattet. Zwei Personen wurden von der Liste gestrichen.

Schweizer Erklärungen:

#Multilateralismus #Schweiz im Sicherheitsrat

Espresso Diplomatique

Kurz und Kräftig. Die wöchentliche Dosis Aussenpolitik von foraus, der SGA und Caritas. In der Ausgabe Nr. 466, November 2024,  steht die Migrationsvereinbarung der EU mit Tunesien im Fokus. Zahlreiche Flüchtlinge sind unmenschlichen Bedingungen und Abschiebungen in Wüstengebiete ausgesetzt, was zu Spannungen auf der geopolitischen Ebene führt.   Espresso Nr. 466 | 19.11.2024  

Eine Aussenpolitik für die 
Schweiz im 21. Jahrhundert

Neue Beiträge von Joëlle Kuntz (La neutralité, le monument aux Suisses jamais morts) sowie von Martin Dahinden und Peter Hug (Sicherheitspolitik der Schweiz neu denken - aber wie?)

Livre (F), Book (E), Buch (D)

Zu den Beiträgen

Schweiz im Sicherheitsrat

Das Schweizer Mandat im UNO-Sicherheitsrat (2023 und 2024) fällt in turbulente Zeiten, der Rat hat Schwierigkeiten, in den grossen Fragen Entscheide zu fällen. Jeden Samstag fassen wir das Ratsgeschehen und die Haltung der Schweiz zusammen.

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