Kolumne

KMU in Schwellenländern brauchen unsere Unterstützung

Auch von der Schweiz im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützte KMU in armen Ländern geraten durch die Corona-Krise in finanzielle Bedrängnis. Sie brauchen ebenfalls Liquiditätshilfen, um die in den letzten Jahren neu geschaffenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden.  

Wir erleben derzeit eine beispiellose Krise, deren Dauer wir noch nicht abschätzen können. Es ist daher entscheidend, ihre wirtschaftlichen Auswirkungen sowohl bei uns wie auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern so gut wie möglich zu antizipieren. Auch die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Schwellenländer benötigen jetzt dringend finanzielle Liquidität. Ansonsten wird eine grosse Anzahl von Arbeitsplätzen verschwinden und ein erheblicher Teil der Weltbevölkerung wird erneut unter die Armutsgrenze fallen.

Negativspirale verhindern
Bereits vor der Pandemie haben Studien gezeigt, dass in Afrika südlich der Sahara jedes Jahr 20 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssen, um mit dem rasanten Bevölkerungswachstum Schritt halten zu können. Die Bevölkerung soll dort von heute 1 Milliarde auf 1,7 Milliarden Menschen im Jahr 2040 ansteigen. Die Pandemie hat all diese strukturellen Probleme auf einen Schlag verschärft. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird der afrikanische Kontinent unweigerlich in eine negative Spirale geraten, die durch mangelnde Liquidität im Bankensystem und eine hohe Staatsverschuldung angetrieben wird. Letztere wird aufgrund der Abwertung lokaler Währungen zusätzlich verschärft, was die Handlungsmöglichkeiten der afrikanischen Regierungen massiv einschränkt.

Die Unterstützung von KMU in Entwicklungs- und Schwellenländern, mittels langfristiger Investitionen und Wissenstransfer, gehört zu den Kernaufgaben von SIFEM, der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes. Ihre Investitionen müssen finanziell nachhaltig sein und für einen messbaren Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Ländern sorgen. Sie ergänzen damit die anderen aussenpolitischen Instrumente der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des Bundes, die vom SECO und der DEZA umgesetzt werden.

Seit 2005 hat SIFEM zur Schaffung von weltweit mehr als 830’000 Arbeitsplätzen im Privatsektor beigetragen, indem in wirtschaftlich tragfähige KMU in so unterschiedlichen Sektoren wie der Landwirtschaft, erneuerbaren Energien, Konsumgüter und der Mikrofinanz investiert wurde. SIFEM hat auch in den Gesundheitssektor investiert, um sicherzustellen, dass die angebotenen Dienstleistungen Menschen mit niedrigem Einkommen zugänglich sind.

Einige der Unternehmen im SIFEM-Portfolio sind stark von der aktuellen Krise betroffen. Ausgangssperren und der völlige Stillstand wirtschaftlicher Aktivitäten wirken sich unmittelbar auf sie aus. Auch in der Schweiz sind viele Wirtschaftszweige stark betroffen. Unsere vorteilhafte makroökonomische Situation bietet uns aber mehr Handlungsspielraum. Der Bundesrat konnte rasch eine Reihe von Unterstützungsmassnahmen für Unternehmen und die Industrie präsentieren, um die Auswirkungen der Krise abzufedern. Das macht Sinn. Es ist zielführender, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten, anstatt ganze Teile der Wirtschaft verschwinden zu lassen.

Rückzahlungsbedingungen lockern
Die Herausforderungen in Entwicklungsländern sind ähnlich wie bei uns, die politischen Möglichkeiten sind dort allerdings begrenzt. Alle multilateralen und bilateralen Akteure, die in der einen oder anderen Form in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind, müssen nun zusammenarbeiten, damit Unternehmen in Entwicklungsländern die Krise langfristig überleben können. Vor diesem Hintergrund hat sich SIFEM Anfang April mit fünfzehn weiteren Entwicklungsfinanzierungsgesellschaften aus Europa, den USA und Kanada zu einer Allianz zusammengeschlossen. Ziel der Gruppe ist es, finanzielle Liquidität in die Märkte zu bringen und das wirtschaftliche und soziale Gefüge zu erhalten, das KMU in Afrika, Lateinamerika und Asien geholfen haben mitaufzubauen.

SIFEM wird die KMU in Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Bewältigung dieser Krise unterstützen und eine temporäre Lockerung der Rückerzahlungsbedingungen für Unternehmen verfolgen. Dies wird für SIFEMs Bilanz natürlich nicht folgenlos bleiben. Das Überleben dieser KMU ist jedoch für die wirtschaftliche und soziale Stabilität dieser Länder von zentraler Bedeutung. In einer Welt, die zusehends voneinander abhängig ist, liegt dies auch im Interesse der Schweiz.

*Regine Aeppli, Verwaltungsrätin von SIFEM (Swiss Investment Fund for Emerging Markets), alt Regierungsrätin des Kantons Zürich, alt Nationalrätin

#COVID-19 #Finanzen #Handel #Nachhaltige Entwicklung #Unternehmen

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