Am 9. Juni 2022 hat die UNO-Generalversammlung die Schweiz zum ersten Mal als nichtständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat gewählt. Die Schweizerische Gesellschaft für Aussenpolitik (SGA-ASPE) begrüsst die Wahl der Schweiz in den Sicherheitsrat. Sie ist ein Meilenstein in der Schweizer Aussenpolitik und eine grosse Chance für die Schweiz, ihre auf der Einhaltung des Völkerrechts basierende internationale Zusammenarbeit im Bereich der Friedens- und Sicherheitspolitik zu verstärken.
Die lange und gut vorbereitete Kandidatur der Schweiz erhielt 187 von 190 Stimmen, was als sehr gutes Ergebnis bezeichnet werden kann. Es zeugt von einem grossen Vertrauen in die Arbeit der Schweiz, weckt aber gleichzeitig auch hohe Erwartungen.
Kürzlich hat der Bundesrat den Aussenpolitischen Kommissionen (APK) vier thematische Schwerpunkte der Schweiz für ihre zweijährige Mitgliedschaft vorgeschlagen: die Friedensförderung, der Schutz der Zivilbevölkerung in Konflikten, die Klimasicherheit und die Stärkung der Effizienz des Sicherheitsrats. Die APK werden über den Sommer zu diesen Prioritäten Stellung nehmen und gegebenenfalls Anpassungen vorschlagen. Die endgültige Festlegung der Schwerpunkte durch den Bundesrat erfolgt anschliessend im Herbst 2022.
Schwerpunktthemen als gute Basis
Vor dem Hintergrund der langjährigen Erfahrungen und den bisherigen Aktivitäten der Schweiz in der UNO überraschen die vier Schwerpunktthemen nicht. Sie bilden eine gute Basis für eine erfolgreiche Arbeit der Schweiz im Sicherheitsrat. Aufgrund der grossen Bedeutung der fünf Vetostaaten im Sicherheitsrat und der qualifizierten Mehrheitsentscheidungen ist für ein nichtständiges Mitglied aber auch die Arbeitsweise im Rat von entscheidender Bedeutung.[1] Zudem wird die Arbeit der Schweiz im Sicherheitsrat auch daran gemessen werden, in welcher Art und Weise sie ihre Anliegen entwickelt, vorbringt und kommuniziert.
Zum einen ist es für die Glaubwürdigkeit der Schweiz im Sicherheitsrat zentral, dass sie ihre Unabhängigkeit wahrt, aktiv Themen einbringt und Ihre Haltung konsequent und berechenbar vertritt. Das gilt insbesondere für den Einsatz für das humanitäre Völkerrecht und die Friedensförderung, aber auch für andere Themen wie die sicherheitspolitischen Auswirkungen des Klimawandels und des weltweiten Artenverlusts. Die Schweiz darf auch nicht davor zurückschrecken, umstrittene Anliegen aufzugreifen und zu versuchen, dafür Mehrheiten zu erreichen.
Multilateralismus trotz Blockbildung
Eine grosse Herausforderung für die Schweiz dürfte die sich in den letzten Jahren abzeichnende internationale Blockbildung darstellen. Sie wiederspiegelt sich im Sicherheitsrat durch die fünf Veto-Mächte USA, China, Frankreich, Grossbritannien und Russland. Es gibt allerdings auch Anzeichen dafür, dass die multilaterale Zusammenarbeit wieder stärker an Bedeutung gewinnen könnte. So sind zum Beispiel die Eindämmung des Klimawandels und des Artenverlusts, aber auch die damit zusammenhängenden Herausforderungen für die globale Sicherheit, Aufgaben, die nur durch die Zusammenarbeit der gesamten Weltgemeinschaft gelöst werden können. Die Schweiz soll mit ihrem Sitz im Sicherheitsrat dazu beitragen, den Multilateralismus zu fördern und ihm eine stabile Rolle in der Friedens- und Sicherheitspolitik zu geben. Gerade die Schweiz als kleine, offene Nation ist auf gemeinsame Regeln und Normen sowie auf eine multilaterale Rechtsstaatlichkeit angewiesen.
Auch die Transparenz der Aktivitäten, der Einbezug der Zivilgesellschaft und die Förderung von dezentralen Lösungsansätzen sind Erfolgsfaktoren für die Schweizer Arbeit im UNO-Sicherheitsrat. Aufgrund ihres ausgeprägt föderalen Staatsaufbaus und der grossen Bedeutung von zivilgesellschaftlichen Strukturen wie Vereinen und Verbänden ist die Schweiz dazu prädestiniert, entsprechende Konzepte einzubringen und zu etablieren. Gerade in der Friedensförderung besteht hier ein grosses Potenzial.
Die Wahl der Schweiz in den UNO-Sicherheitsrat ist eine grosse Chance für die Schweiz. Sie erhält während zwei Jahren die Gelegenheit, sich stärker und wirksamer für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung einzusetzen. Die Schweiz soll diese Chance nutzen, indem sie – aufbauend auf ihren Erfahrungen und Stärken – eine aktive und glaubwürdige Politik im Sicherheitsrat verfolgt.
[1] Vgl. dazu die Beiträge von Markus Heiniger (März 2022) und die Fabien Merz (Mai 2022).
Kurz und Kräftig. Die wöchentliche Dosis Aussenpolitik von foraus, der SGA und Caritas. In der Ausgabe Nr. 466, November 2024, steht die Migrationsvereinbarung der EU mit Tunesien im Fokus. Zahlreiche Flüchtlinge sind unmenschlichen Bedingungen und Abschiebungen in Wüstengebiete ausgesetzt, was zu Spannungen auf der geopolitischen Ebene führt. Espresso Nr. 466 | 19.11.2024
Neue Beiträge von Joëlle Kuntz (La neutralité, le monument aux Suisses jamais morts) sowie von Martin Dahinden und Peter Hug (Sicherheitspolitik der Schweiz neu denken - aber wie?)
Livre (F), Book (E), Buch (D)
Das Schweizer Mandat im UNO-Sicherheitsrat (2023 und 2024) fällt in turbulente Zeiten, der Rat hat Schwierigkeiten, in den grossen Fragen Entscheide zu fällen. Jeden Samstag fassen wir das Ratsgeschehen und die Haltung der Schweiz zusammen.
Infoletter «Schweiz im Sicherheitsrat» abonnieren Alle Berichte FAQ – Schweiz im Sicherheitsrat