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UNO-Blauhelme und die Schweiz

Im Vergleich zu Nepal oder Indien ist die Schweiz kein Riese, wenn es darum geht, der UNO Truppen für den Vollzug von “friedenserhaltenden Massnahmen” (peacekeeping, Blauhelm-Missionen) zur Verfügung zu stellen. Auf Anfrage teilt die Regierung mit, dass zurzeit 28 Armeeangehörige “im Rang vom Soldaten bis zum Divisionär”  in 6 UNO-Missionen Dienst verrichten. Das sind die Missionen im Sudan (mittlerweile aufgelöst, aber laut EDA in Nairobi weiterhin auf dem Tableau), Südsudan, Kongo-Kinshasa, Westsahara, Kaschmir und auf den Golanhöhen. Die Schweizer Blauhelme sind Minenräumungsexperten, Militärbeobachter und Stabsoffiziere. Sie sind alle unbewaffnet.

Im weiteren Sinn, über UNO-geführte Aktivitäten hinaus, sind rund 300 Schweizer Soldatinnen und Soldaten engagiert. Sie tun Dienst bei der neutralen Überwachung der Waffenstillstandslinie in Korea (5 Personen) sowie in den Schutztruppen der EU in Bosnien (24 Personen) und der NATO in Kosovo (205 Personen), die letzten beiden bewaffnet.

«Friedensförderung im internationalen Rahmen» ist ein Auftrag der Schweizer Armee. Ungeachtet des mageren Beitrags zu den UNO-Missionen schreibt das EDA, gestützt auf Informationen des Verteidigungsdepartements auf unsere Anfrage: «Durch ihr langjähriges Engagement hat sich die Schweiz zu einer verlässlichen Partnerin der UNO als truppenstellende Nation entwickelt, die in der Friedensförderung qualitativ hochwertige und anerkannte Beiträge erbringt.» Der Bundesrat wolle «solche Einsätze erweitern». Erste Schritte dazu sind eingeleitet. Ende 2022 wurde dem UNO-Bereitschaftssystem (UN Peacekeeping Capability Readiness System PCRS) formell gemeldet, dass drei «Verbände in Kompaniestärke» angefragt werden können (gut zu wissen: Die UNO hat keine eigenen Soldaten, sondern muss das Personal und die Ausrüstung für die Ausführung der Sicherheitsmandate bei den Mitgliedsstaaten erbetteln). Die Schweizer Verbände sind eine Infanterie-, eine Genie- und eine kombinierte Genie-/Panzersappeurkompanie, «die von der UNO bei der Schweiz künftig für friedensfördernde Missionen angefragt und einzeln entsendet werden könnten».

Aber gemach. So schnell geht es nicht. Erstens muss die UNO nun prüfen, wieviel das Schweizer Angebot taugt. Vor Ende Jahr macht das UN Department of Peace Operations Inspektion. Bei seinen Assessment and Advisory Visits prüft es, «ob die Fähigkeiten der eingemeldeten Verbände dem Leistungsprofil der UNO entsprechen oder wo allfälliger Handlungsbedarf besteht». Erst wenn das «gut» erteilt ist, können Anfragen an die Schweiz gerichtet werden. Und Achtung: Die Regierungsmitteilung unterstreicht, dass es keinen «Automatismus hinsichtlich allfälliger Entsendungen» gebe und die «Entscheidhoheit» in Bern liege.  Jede Anfrage werde rechtlich geprüft werden, und nicht nur das: Man wolle auch sicherstellen, dass «Material, Systeme und Ausrüstung» in die fragliche «Klimazone» passen. Und überhaupt: Dass die drei Kompanien gleichzeitig aktiviert werden, ist wegen der «Durchhaltefähigkeit»  ausgeschlossen. Aufs Mal liegt nur eine drin, denn «zwei oder drei Kompanien gleichzeitig könnten personell nicht alimentiert werden».

 

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