Bosnien: Zum 20. Jahrestag des Massakers von serbischen Truppen an bosnischen Gefangene in Srebrenica zirkulieren Deutschland und Rwanda eine Resolution in der UNO-Generalversammlung. Auf Antrag Russlands trat der Rat dazu zu einer dringlichen Sitzung
zusammen. Dort verlangte Serbien den Rückzug des Textes, da dieser die Spannungen zwischen den Volksgruppen in Bosnien verstärke. Serbien, die bosnische Teilrepublik Republika Srpska und Russland zeichneten das Bild eines labilen, in seinem Bestand gefährdeten Landes. Die Vertreterin der Republika Srpska beschuldigte “westliche Botschaften in Sarajewo”, auf die Abschaffung der Teilrepublik hinzuarbeiten. Dem Hohen Repräsentanten für Bosnien Herzegowina – eine hybride, aus dem Dayton-Abkommen von 1995 entwickelte Funktion – wurde die Legitimation abgesprochen. Gestützt auf die Einschätzung der EU- Unterstützungsorganisation EUFOR Althea, erklärte die Schweiz, die Lage in Bosnien sei stabil. Die aussichtsreichste Zukunftsperspektive seien die Verhandlungen über einen EU-Beitritt. EUFOR Althea habe volle schweizerische Unterstützung. Die Schweiz mahnte, auf sezessionistische Rhetorik zu verzichten, der Beachtung der Menschenrechte Priorität und der Verniedlichung der Kriegsverbrechen der neunziger Jahre keinen Raum zu geben: la négation du génocide et des crimes de guerre n’ont pas leur place dans une société pacifique et multiethnique.
Südsudan: Mit 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen (Russland und China) hat der Rat das
Mandat der UNO-Blauhelmtruppe UNMISS (UN Mission in South Sudan) um ein Jahr
verlängert. Die Truppe zählt maximal 17 000 Soldaten und 2000 Polizisten. Sie hat den
Auftrag, die Bevölkerung zu schützen, die Auslieferung humanitärer Hilfe zu ermöglichen,
über Verletzungen des Kriegs- und Menschenrechts zu berichten und die Umsetzung eines
Abkommens zur Beilegung der blutigen internen Konflikte zu fördern. Ende Jahr sollen
Wahlen stattfinden. China, Russland und die afrikanischen Ratsmitglieder warfen den USA
vor, als federführender penholder die Verhandlungen über die Resolution einseitig geführt
zu haben und zu viel Druck auf die nationalen Akteure auszuüben.
Nordkorea: Das Expertengremium, das die Informationen über die Einhaltung der
Sanktionen gegen Nordkorea überwacht, ist formell aufgelöst worden, nachdem ein
russisches Veto die Verlängerung des Mandats blockiert hat. Damit ist der von der Schweiz
geleitete Sanktionsausschuss quasi blind. Die nötigen Entscheidungsgrundlagen fehlen
ihm. Die Sanktionen betreffen die vom Rat verfügten Verbote von Waffenexporten,
Raketen- und Massenvernichtungstechnologie. Angeführt von den USA sind 50 Staaten vor
das UNO-Mikrophon getreten, um die “Unterminierung der Ratsarbeit” zu beklagen und
alternative Wege der Informationsbeschaffung anzuregen. Möglichkeiten sind eine
Neuauflage einer Ratsresolution oder ein – unverbindlicheres – Mandat der
Generalversammlung.
AU-Friedenserhaltung: Es ist grundsätzlich beschlossen, dass Friedenstruppen der
Afrikanischen Union aus dem Blauhelm-Budget der UNO bezuschusst werden können.
Was im kleiner Gedruckten stehen soll, ist indessen noch nicht bestimmt. In der
Berichtswoche hat sich die Ad Hoc Working Group on Conflict Prevention and Resolution in
Africa dem Thema befasst.
Veto: Die Generalversammlung hat das Veto der USA gegen die Aufnahme Palästinas als UNO-Vollmitglied debattiert. Die Schweiz ist nicht dagegen, aber auch nicht dafür. Sie hat sich im Sicherheitsrat der Stimme enthalten. In der Genetralversammlung wiederholte sie, was sie bereits gesagt hat: Ja zur «Zweistaatenlösung», aber Ja zur palästinensischen Staatlichkeit erst, «wenn eine solche Massnahme sich in die Logik eines sich abzeichnenden Friedens fügt».
Kurz und Kräftig. Die wöchentliche Dosis Aussenpolitik von foraus, der SGA und Caritas. In der Ausgabe Nr. 465, November 2024, steht die erneute Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs zu Verbrechen in der Demokratischen Republik Kongo im Fokus. Angesichts des anhalten Konflikts und der historischen Straflosigkeit ist es wichtig, Gewaltzyklen zu durchbrechen und dauerhafte Stabilität zu fördern. Espresso Nr. 465 | 05.11.2024
Neue Beiträge von Joëlle Kuntz (La neutralité, le monument aux Suisses jamais morts) sowie von Martin Dahinden und Peter Hug (Sicherheitspolitik der Schweiz neu denken - aber wie?)
Livre (F), Book (E), Buch (D)
Das Schweizer Mandat im UNO-Sicherheitsrat (2023 und 2024) fällt in turbulente Zeiten, der Rat hat Schwierigkeiten, in den grossen Fragen Entscheide zu fällen. Jeden Samstag fassen wir das Ratsgeschehen und die Haltung der Schweiz zusammen.
Infoletter «Schweiz im Sicherheitsrat» abonnieren Alle Berichte FAQ – Schweiz im Sicherheitsrat