Kolumne

Entwicklungsfinanz gegen Pandemien und Klimakrise

Im Rahmen der aktuellen Schweizer Strategie der internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2021-2024 soll die Widerstandsfähigkeit von Entwicklungs- und Schwellenländern in Bezug auf globale Risiken wie Pandemien und Klimawandel gestärkt werden. Die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft SIFEM wird vermehrt in Klimaschutz investieren.  

Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, was man in der Entwicklungstheorie schon lange weiss: Die schwächsten Menschen der Welt leiden in Zeiten globaler Krisen am meisten. Hunderte von Millionen von Arbeitsplätzen sind verloren gegangen und die Quote der erwerbstätigen Armut ist nun wieder auf das Niveau von 2015 zurückgefallen. Die Wiederherstellung der Wirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern nach der Pandemie wird Milliarden von Franken erfordern. Aber die globale Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch muss auch die Klimakrise berücksichtigen: Investoren und Unternehmen müssen den Weg zu einem neuen, widerstandsfähigen und klimaverträglichen Wirtschaftsmodell anführen.

Nachhaltiges Wachstum im Auftrag des Bundes

Die in der Öffentlichkeit wenig bekannte Schweizer Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft SIFEM möchte auf diese Umwälzungen und neuen Bedürfnisse der Unternehmen reagieren. Für SIFEM steht ein langfristiges, nachhaltiges und breit abgestütztes Wirtschaftswachstum seit jeher im Zentrum ihrer Aktivitäten. Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen und der Diversifizierung des Finanzsektors, besteht ein wichtiger Teil des Auftrags von SIFEM auch darin, einen aktiven Beitrag zur Energiewende in den Zielländern zu leisten, der von lokalen Unternehmen umgesetzt wird.

SIFEM hat in den vergangenen zwölf Jahren gesamthaft rund CHF 136 Millionen in Projekte investiert, die dem Klimaschutz dienen, dazu gehören insbesondere Investitionen in erneuerbare Energien sowie energieeffiziente Lösungen für KMU. Im Jahr 2019 allein hat SIFEM zusammen mit Investitionspartnern 5,5 Mio. Tonnen C02-Emissionen eingespart und 5,9 TWh saubere Energie produziert. Zum Vergleich: Das entspricht zirka der jährlichen Stromproduktion der Schweizer AKW Beznau I und II.

Ein konkretes Beispiel eines klimarelevanten Projekts ist das südafrikanische Photovoltaikunternehmen SolarAfrica, in das SIFEM über einen Fonds für saubere Energie investiert hat. SolarAfrica bietet Kundinnen und Kunden moderne Finanzierungslösungen für Solaranlagen auf ihren Dächern. Bezahlt wird jeweils nur für die tatsächlich verbrauchte Menge Energie und die Kunden sparen im Vergleich zu den Tarifen des zumeist kohlenbasierten Angebots der lokalen Stromversorger 20 bis 40 Prozent ein. Bis heute hat SolarAfrica mehr als 34’000 Sonnenkollektoren installiert, was zu einer Vermeidung von mehr als 12’000 Tonnen CO2 geführt hat. Ausserdem konnte das Unternehmen von 2 auf 29 Mitarbeitende anwachsen.

Stärkung der Klimafinanz

Klimarelevante Investitionsprojekte werden im Rahmen des aktuellen Strategiezyklus des Bundes für SIFEM weiter ausgebaut. Mindestens 25% der neuen Investitionen von SIFEM sollen vollständig dem Klimaschutz gewidmet sein, mit messbaren Effekten in Bezug auf die Reduzierung der CO2-Emissionen. Gleichzeitig müssen alle neuen Investitionen auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet sein.

Das sind ehrgeizige Ziele, die die Energiewende und klimaverträgliche Wachstumsstrategien in Entwicklungsländern beschleunigen sollen, die aber auch einige Herausforderungen mit sich bringen. Zum Beispiel sind Infrastrukturprojekte für erneuerbare Energien in der Regel nicht mit grossen direkten Effekten für die Schaffung von Arbeitsplätzen verbunden. Konkret: Ist eine Solardachanlage einmal gebaut, bestehen meistens weniger Arbeitsplätze als beispielsweise in einer Fabrik in der Fertigungsindustrie. Auch kann es einige Zeit dauern, bis sich klimaverträgliche und dennoch wirtschaftlich tragfähige neue Geschäftsmodelle entwickeln, die auf eine Netto-Null-Emissionsstrategie ausgerichtet sind.

Entwicklungsfinanzierungsgesellschaften wie SIFEM müssen hier ein Gleichgewicht finden, um Entwicklungsprioritäten auf klimafreundliche Weise zu unterstützen und gleichzeitig ihren Gesamtauftrag so erfolgreich wie möglich umzusetzen. SIFEM wird jeweils genau abwägen, wie die Prioritäten zu setzen sind. Unbestritten ist, dass Entwicklungsfinanzierungen bei globalen Risiken wie Pandemien und Klimawandel eine bedeutende Rolle spielen kann. SIFEM und multilaterale Entwicklungsbanken können beispielsweise helfen, private Investoren zu mobilisieren und den richtigen Weg vorzuspuren.

*Jörg Frieden, Verwaltungsratspräsident Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM) und ehemaliger Schweizer Botschafter.

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